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Abschied von Michael Jackson

Nach Hause!

Es sollte die größte, schrillste Trauershow werden, die die Erde je gesehen hat. Doch der King of Pop wurde mit Takt und unerwarteter Innigkeit von Freunden und der Familie verabschiedet - und von der schwarzen Community Amerikas heimgeholt.

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Die Chancen standen schlecht für einen würdevollen Abschied von Michael Jackson, dem Jahrhundertkünstler, dessen Tod eine hysterische Vibration ausgelöst hat, von der man in den vergangenen Tagen nie wissen konnte, ob all die Menschen rund um den Globus nun wirklich gerührt waren - oder nur gerührt von ihrer eigenen Rührung und der der anderen.



Eine riesige Mobilmachung der Herzen war es auf alle Fälle, doch immer schwang auch ein Zwischenton mit, nämlich der abgebrühte Superlativismus der Popindustrie: der Tod als größtes aller möglichen Comebacks.

Zu den Zahlen wusste die Society-Reporterin Eve Büchner auf N24 zu berichten, dass das große Geschäft erst jetzt beginnen werde. Elvis habe im letzten Jahr 50 Millionen gemacht, selbst Einstein ist noch mit 15 Millionen dabei, diese ganze Prominentenvermarktung bringe geschätzte "elf Prozent des amerikanischen Bruttosozialprodukts". Das müsste eigentlich reichen, die Bankenkrise zu beheben.

Als dann die Bilder vom Konvoi der schwarzen Limousinen auf dem Highway hin zum Staples Center in Los Angeles gezeigt wurden und sich herumsprach, dass Michel Jackson ebendort aufgebahrt werden würde, freute sich die Expertenrunde bei n-tv. Der sogenannte Society-Experte Michael Begasse versprach, man werde sich auf ein Spektakel der Extraklasse freuen können, sicher irgendwas mit Feuerwerken.

Ob der Sarg geöffnet wird?

Das wusste n-tv-Michael auch nicht.

"Nur um den Fans ein letztes Mal zu ermöglichen, Abschied zu nehmen?"

Das klang zwar eine Idee pietätvoller, aber der Kern blieb der gleiche, eines dieser widerwärtigen Entertainment-Events aus falschen Tränen, Lüsternheit und Registrierkassenklingeln, das bei Totenfeiern der Popkultur seit Lady Di offenbar angesagt ist.




"Der Sarg ist golden und mit blauer Seide ausgeschlagen, ein bisschen Show, ist das Zufall?" "Sie können sicher sein", sagte Experte Begasse kennerhaft, "dass Michael nichts dem Zufall überließ" - wahrscheinlich noch nicht mal den eigenen Tod.

Soweit also die Gefechtslage. Alles angerichtet für die größte Trauer-Show, die die Erde je erlebt hat. Ein geschmackloses Las Vegas kolossaler Kondolenz, Totenkult mit Lametta und Pharaonensarg.

"Ob wir die Leiche sehen?"

"Wahrscheinlich ist sie einbalsamiert"

"Michael, wird das vielleicht auch ein Fest der Freude?"

"Es gibt sicher jede Menge Überraschungen", sagt n-tv-Michael. "Ob Madonna zugeschaltet wird? Noch wissen wir es nicht."

So also hätte es laufen können. So lief es aber nicht.

ZUM TOD VON MICHAEL JACKSON

Sony BMG/Reuters

Musik, Bilder, Hintergründe: Alles über den King of Pop

Die Trauerfeier war tatsächlich eine. Ein Beieinandersein und Gedenken, eine Mischung aus Anekdotischem und Ergreifendem, aus Melancholie, Fröhlichkeit und Frömmigkeit, und zu Anfang sprach Pastor Lucius Smith ein Gebet.

Dann trug die Rapperin und Schauspielerin Queen Latifah ein Gedicht vor, ein schönes, das mit unserer Irritation über Michael Jackson spielte: "Only if we confess our confusion we know we had him." Einfache Zeilen, die uns Jacksons Fremdheiten und Idiosynkrasien noch einmal vor Augen führten und sie respektierten: "We had him, wether we knew who he was or not, we had him."

Es gab einen Gospel-Chor, Lionel Richie sang "Jesus is Love", und Gospel blieb eine Grundstimmung dieses Gedenkens. Dieser Ton rief ins Bewusstsein, wie intensiv das amerikanische Talent zur religiösen Emotion ist, und wie wenig wir das je verstehen werden.

Ein Abend ohne Feuerwerk, aber voller Wärme, voller Respekt. Es war, als hole sich das schwarze Amerika Michael Jackson, den verlorenen Sohn, nach Hause zurück. Berry Gordy, der Chef von Motown, erinnerte sich an die erste Session, einen Song von Smokey Robinson. Brooke Shields erzählte von gemeinsamen Abenden zweier Kinderstars voller Gelächter. Und Magic Johnson, der Teddybär des amerikanischen Basketballs, glaubte mit gutmütiger Übertreibung, dass ihn Michael Jackson zu einem besseren point guard gemacht hätte.

Die Überraschung des Abends war Reverend Al Sharpton, der radikale Aktivist aus Harlem, der mit seinen Predigten in den neunziger Jahren Feuer und Schwefel von der Kanzel herunterbeschwor, korpulent, Pomade im Haar, demagogisch bis zum Siegelring. Nun war er staatstragend. Er sprach würdevoll. Er hatte sogar abgenommen. Und er zeigte, was seit Michael Jackson alles erreicht wurde: schwarze Entertainer, schwarze Talkshows und nun ein schwarzer Präsident.

Hoch über der Bühne an diesem Abend leuchtete eine Projektion von Jackson im Silberanzug, ein Wolkensurfer; ein Raum-Mensch, geboren im Jahr der ersten unbemannten Mondlandung in wilder Tanzekstase. Doch dieser Abend, ausgerechnet, hat es tatsächlich geschafft, aus einem Außerirdischen einen Menschen zu machen, und einen zersprungenen Spiegel zusammenzufügen.

All diese Splitter wurden - als Projektionen auf der Bühnenwand - gezeigt, und nun war er tatsächlich zur Ruhe gekommen. Der Jacko-Wahnsinn mit Schlagzeilen wie "Heiratet Jackson eine Außerirdische?" Oder Fotos, die die schrittweise Deformierung seiner Gesichtszüge belegten. Selbst das heißeste Eisen der Jackson-Sage wurde angesprochen - der Pädophilie-Verdacht.

"Nach unserer Verfassung ist jeder unschuldig, dem die Schuld nicht nachgewiesen werden kann", rief die schwarze Kongress-Frau Sheila Jackson Lee aus. Der Saal, der der Zeremonie ohne alles Pop-Gekreische folgte, applaudierte stehend.

Eine lächelnde Versöhnung und ein verzeihendes Verstehen aller seiner Bizarrerien lag über dem Abend. Al Sharpton fasste es für die Kinder des Stars, die - unverhüllt - unter dem Jackson-Clan in der ersten Reihe saßen, in die schönen Worte. "Es war überhaupt nichts merkwürdig mit eurem Vater - er hatte es nur mit einer sehr merkwürdigen Welt zu tun."

Mit dieser Zeremonie wurde der King of Pop, der ewige Kinderstar, zu sich selbst befreit und eine ganze Unschuldsära mit ihm, die lange vor 9/11, Klimakatastrophen und grimmigen Fanatismen begann. Als am Schluss noch einmal alle auf der Bühne standen und das wundervoll naive "We Are The World" sangen, wurde klar, dass man für solche Songs nicht nur ein großer Künstler, sondern tatsächlich auch ein großes Kind sein muss.

Michael Jackson, der King of Pop.

Doch selbst ein King of Pop muss sich vor einem größeren König verneigen, sagte Pastor Smith in seinem Schlussgebet - nämlich vor dem König im Himmel. Womit die Relationen nicht besser zurechtgerückt werden konnten an diesem nur zweistündigen Abend, an dem das Überraschende die Würde und die Bescheidenheit war.

Korrektur: Irrtümlich erwähnten wir im Text die Society-Reporterin Eva Büchen, die angeblich für den Sender n-tv berichtet habe. Gemeint war die N24-Reporterin Eve Büchner. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

 
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